Es folgt der Text des Artikels (ink. originaler Worttrennung):
„100 Jahre gelebte Menschlichkeit"
DRK Walldorf feiert Jubiläum in der Stadthalle — Freude über besonderes Geschenk
Mörfelden-Walldorf - Eine Postkarte an den Walldorfer Schulvorstand marldert am 1 November 1925 den Begimi ei-ner ehrenamtlichen Hilfsorga-nisation: des Arbeiter Samari-ter Bunds (ASB), dem späteren DRK Walldorf. Fast auf den Tag genau einhundert Jahre später sitzt eine Festgemeinde mit rund 250 Menschen in der Wall-dorfer Stadthalle zusammen. Die Postkarte, in der die Grün-dungsmitglieder des heutigen DRK Walldorf um einen Raum bitten, war Auslöser einer Er-folgsgeschichte. Seit zehn Jahr-zehnten sind mehrere Genera-tionen engagierter Walldorfer in ihrem Roten Kreuz aktiv. Den 100. Geburtstag des 900 Mitglieder starken Ortsvereins feiert das DRK nun am Samstag mit seinen Mitgliedern, weite-ren Hilfsorganisationen, Förde-rern und (politischer) Promi-nenz.
"Ich bin stolz, dass wir trotz der vielen Herausforderungen nie aufgegeben haben.
Oswald Tolksdorf, DRK-Ortsverensvorsitzender
Die Halle ist ganz in die Far-ben des DRK getaucht: Rot und Weiß auf den eingedeckten Ti-schen und an Wänden, dazu de-korativ angebrachte Einsatz-kleidung und Uniformen aus jahrzehntelanger Geschichte. Um den akademischen Festakt mit etlichen Grußworten und Glückwünschen aufzulockern, begeben sich die Festgaste auf eine Zeitreise. Der stellvertre-tende Vereinsvorsitzende Sven Tolksdorf schlüpft dafür nicht nur in die Rolle des Moderators, sondern auch passend zum Jahrzehnt in die jeweilige Mode der Hilfskräfte. „Ich bin stolz, dass wir trotz der vielen Herausforderungen nie aufgegeben haben", sagt Os-wald Tolksdorf, der als Elfjähri-ger in die Hilfsorganisation ein-getreten war und seit 2017 Vor-sitzender ist, zur Begrüßung. Durchschnittlich 9000 Stun-den im Jahr engagieren sich die DRK-Aktiven -ausnahn‘slos eh-renamtlich. Die 50 Helfer mit dem Roten Kreuz auf der Brustsind bei Verkehrsunfällen ebenso anzutreffen wie bei Hochwasserkatastrophen, in der Flüchtlingsbetreuung, an der Seite der Feuerwehr, bei Veranstaltungen, Blutspenden und Fußballspielen, beim Sor-tieren und Ausgeben von Klei-derspenden, der Ausbildung des Nachwuchses und mehr. „Das DRK ist in der Architek-tur unseres Bundeslandes und seiner Sicherheit unverzicht-bar -neben der Feuerwehr sind Sie die wichtigste Organisation im Katastrophenschutz", sagt der Hessische Innenminister Roman Poseck, der aus Wiesba-den angereist ist. Und Stadtver-ordnetenvorsteher Franz-Ru-dolf Urhahn (Grüne) schließt sich an: „Sie sind ein wesentli-cher Bestandteil des Katastro-phenschutz- und Gesundheits-wesen." Landrat Thomas Will lobt den Geist des Ortsvereins - gestern wie heute. „Menschen, die nicht lange fragen, sondern zu-packen. Die ihre eigenen Fami-lien zurücklassen und in Ein-sätze ziehen, obwohl sie nicht wissen, ob sie gesund zurück-kommen." Landtagsabgeord-nete Kerstin Geis (SPD) betont: "Zusammenhalt und Mensch-
lichkeit sind wichtiger denn je." Auf der Zeitreise wird Station gemacht bei wegweisenden In-itiativen - und natürlich auch allerlei Anekdoten. Etwa dieje-nige von Hans Bär und Wil-helm Windemut, die 1934 nach Darmstadt marschiert waren, um die von den Nationalsozia-listen verbotene Hilfsorganisa-tion ASB in das DRK zu überftih-ren. jenen Hans Bär, der bis 1984 DRK-Vorsitzender war, hatte der heutige Bundestagsabge-ordnete der Linken, Jörg Cezan-ne, noch als Lehrer erlebt: „Wer seinen Führerschein machen wollte, ging im Keller der Wal-denserschule zum Erste-Hilfe-Lehrgang bei Hans Bär." Bär war es auch, der als Ret-tungssanitäter einer prominen-ten Walldorferin bei einem Bühnenauftritt beistand: Als Eva Jacob , eine der Jacob-Sis-ters, mit einer Gitarre zusam-menprallte, leistete er Erste Hil-fe. Auf die Ära Bär folgte ein weiterer langjähriger Vorsit-zender: Max Wolf, der in die-sem Jahr verstorben ist, leitete 22 Jahres lang die Geschicke des DRK. 1958 unterstützte Walldorfs DRK erstmals den Blutspende-
dienst Hessen: „Mehr als 28000 Konserven sind seitdem aus Walldorf gekommen und ha-ben fast 84000 Menschen ver-sorgt", sagt Pia Frank vorn Blut-spendedienst Hessen anerken-nend. Und Hans Reinheimer, Präsident des Kreisverbands Groß-Gerau, ergänzt: „Das DRK Walldorf ist einer unserer enga-gierten, starken und leistUngs-fähigen Ortsvereine mit' einer starken Einsatzabteilung." Nach Raunheim/Kelsterbach und Mörfelden ist es der dritte Ortsverein des Kreisverbands, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert.
Gemeinschaft und Zusammenarbeit im Kreisverband
Gemeinsam hätten sie bereits vielfach zusammengearbeitet, bekräftigt Mörfeldens DRK-Vor-sitzender Sebastian Kannstäd-ter. Das solle ausgebaut wer-den. „Ihr seid Teil unserer Ret-tungskette, die Hand in Hand agiert", bedankt sich der stell-vertretende Walldorfer Wehr-führer Stefan Dinkel: „Wir mussten noch nie auf eure Un-terstützung verzichten, das ist nicht selbstverständlich."
Und Bürgermeister Karsten Groß ergänzt: „100 Jahre geleb-te Menschlichkeit, 100 Jahre eh-renamtliches Engagement, 100 Jahre unermüdlicher Einsatz für das Wohl unserer Gemein-schaft." Mit seinem Grußwort schließt sich der Kreis. Von der Postkarte, in der die Aktiven vor 100 Jahren um einen Lehr-raum gebeten hatten, bis zum modernen Stützpunkt und ei-nem verlässlichen Zuhause für das DRK. Denn wie ein roter Fa-den zieht sich die Suche nach einem Zuhause durch 100 Jahre Walldorfer DRK-Geschichte, ei-nem Zuhause, indem die mitt-lerweile drei Bereiche - das Ju-gendrotkreuz, die 50 Aktiven der Bereitschaft und die Wohl-fahrt- und Sozialarbeit mit ih-rer Kleiderkammer - ihren Sitz haben. Bürgermeister Groß bekräf-tigt den Aktiven denn auch die Zusage eines Teils der ehemali-gen Walldorfer Feuerwache: „Es muss noch einiges umge-baut werden", räumt der Bür-germeister gleichwohl ein, der Umzug werde „nicht vor Mitte 2026 gelingen". Trotzdem: „Das ist das schönste Geburtstagsge-schenk", findet Oswald Tolks-dorf. URSULA FRIEDRICH
